4.4 Mindestreservepolitik
Seit beginn der europäischen Währungsunion müssen die Geschäftsbanken Mindestreserven bei der EZB unterhalten.
Mindestreserven sind ein bestimmter Anteil der Einlagen, die Banken von ihren Kunden erhalten. Je nach Art der Einlage muss ein bestimmter Prozentsatz dieser Einlagen bei der EZB hinterlegt sein. Die Reservepflicht des einzelnen Instituts wird also anhand bestimmter Positionen seiner Bilanz festgelegt.
Diese Mindestreserven sind verzinsliche Pflichtguthaben der Kreditinstitute.
Verzinsung der Mindestreserven:
 
 
Erfüllungsperiode endend im Monat
Verzinsung der Mindestreserven
Sonderzins bei der Unterschreitung des Mindestreserve-Solls²
1) Auf Grund der Änderungen im geldpolitischen Handlungsrahmen endete im Monat Februar 2004 keine Mindestreserveerfüllungsperiode.
2) 2,5 Prozentpunkte über dem durchschnittlichen EZB- Spitzenrefinanzierungssatz während der Erfüllungsperiode {bei wiederholten Unterschreitungen (mehr als zwei Unterschreitungen innerhalb von 12 Monaten) 5 Prozentpunkte über dem durchschnittlichen Spitzenrefinanzierungssatz}
Juli 2004
2,00 %
5,50 %
Juni 2004
2,00 %
5,50 %
Mai 2004
2,00 %
5,50 %
April 2004
2,00 %
5,50 %
März 2004
2,00 %
5,50 %
Februar 2004¹
-
-
Januar 2004
2,02 %
5,50 %
Dezember 2003
2,00 %
5,50 %
November 2003
2,03 %
5,50 %
Oktober 2003
2,05 %
5,50 %
September 2003
2,07 %
5,50 %
August 2003
2,06 %
5,50 %
Juli 2003
2,09 %
5,50 %
Juni 2003
2,34 %
5,71 %
Werden die Mindestreserven unterschritten, fallen Sonderzinsen an:
Vor der Währungsunion mussten die Geschäftsbanken ihre Mindestreserven zinslos bei der Bundesbank einlegen.
Einlagepflichtig sind
  • Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist
  • befristete Einlagen wie Termingelder und
  • Sichteinlagen auf Kontokorrent- oder Girokonten
Durch Veränderung der Mindestreservesätze wird die Kreditvergabemöglichkeit der Geschäftsbanken und somit die Geldmenge gesteuert.
Je höher die Mindestreserven, umso geringer die Möglichkeit zur Kreditvergabe und umso geringer die Liquidität der Banken.
Je niedriger die Mindestreserven, desto mehr Kapital können die Banken als Kredite zur Verfügung stellen.
Beispiel:
Die Veränderung der Mindestreserven, wie die folgende Rechnung zeigt:
  • Termineinlage 100.000 €
  • Kreditvergabe zum Zinssatz von 10%
  • Mindestreserve 10%, Kassenreserve 10% Kreditvergabemöglichkeit 80.000 €
  • 80.000 € zu 10% = 8.000€
  • Termineinlage 100.000 €
  • Kreditvergabe zum Zinssatz von 10%
  • Mindestreserve 20%, Kassenreserve 10% Kreditvergabemöglichkeit 70.000 €
  • 70.000 € zu 10% = 7.000€
Um nach der Mindestreserveerhöhung ihren Ertrag von 8.000€ wieder zu erwirtschaften muss die Bank ihren Zinssatz auf 11,43% erhöhen. Allerdings erhält die Bank für die Mindestreserve auch Zinsen die zu berücksichtigen wären.
In der Rezession wird die Bundesbank als ausführendes Organ der EZB die Mindestreservesätze eher senken um über eine erhöhte Geldmenge die Wirtschaft zu beleben. In Boomzeiten wird die Mindestreserve erhöht um der Wirtschaft Geld zu entziehen und die Inflationsgefahr zu bremsen.
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Der rechtliche Rahmen für das Mindestreservesystem des Eurosystems ist in Artikel 19 der Satzung des Europäischen System der Zentralbanken (ESZB- Satzung), der EG-Ratsverordnung über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht durch die Europäische Zentralbank und in der EZB-Verordnung über Mindestreserven niedergelegt.
Artikel 19
 
 
Mindestreserven
19.1
 
 
Vorbehaltlich des Artikels 2 kann die EZB zur Verwirklichung der geldpolitischen Ziele verlangen, dass die in den Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute Mindestreserven auf Konten bei der EZB und den nationalen Zentralbanken unterhalten. Verordnungen über die Berechnung und Bestimmung des Mindestreservesolls können vom EZB-Rat erlassen werden. Bei Nichteinhaltung kann die EZB Strafzinsen erheben und sonstige Sanktionen mit vergleichbarer Wirkung verhängen.
19.2
 
 
Zum Zwecke der Anwendung dieses Artikels legt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 die Basis für die Mindestreserven und die höchst-zulässigen Relationen zwischen diesen Mindestreserven und ihrer Basis sowie die angemessenen Sanktionen fest, die bei Nichteinhaltung anzuwenden sind.
Die Anwendung der EZB-Verordnung über Mindestreserven gewährleistet, dass für das Mindestreservesystem des Eurosystems im gesamten Euro- Währungsraum einheitliche Bedingungen gelten.
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  • Mindestreserven sind verzinsliche Guthaben, die die Geschäftsbanken bei der EZB unterhalten müssen. Kreditvergabespielraum
  • Die Höhe der Mindestreserven ist abhängig von der Art der Einlage.
  • Im Rahmen der Mindestreservepolitik kann die EZB  die Reservesätze ändern.
  • Eine Erhöhung der Mindestreserve führt zu einer verringerten Liquidität der Geschäftsbanken.
  • Eine Senkung der Mindestreservesätze führt zu einem erweiterten Kreditvergabespielraum der Geschäftsbanken.
Somit ergibt sich aus den letzten Kapiteln folgendes Steuerungsszenario:
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