6.1.3 Kommission
Die Europäische Kommission hat ihren Sitz in Brüssel und gilt als ausführendes Organ der Union.
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Der Ministerrat und der Europäische Rat sind Gremien, in denen die Mitgliedsstaaten vorrangig ihre nationalen Interessen vertreten können. Im Gegensatz dazu ist die Europäische Kommission (EK) eher supranational angelegt. Ihre 30 Mitglieder (Kommissare) sollen unabhängig von Weisungen der Regierungen ihrer Heimatländer agieren. Sie werden für fünf Jahre von den Regierungen der Mitgliedsstaaten ernannt und müssen durch das Parlament bestätigt werden, welches die ganze Kommission auch zum Rücktritt zwingen kann (Art. 201 Abs.2 EG). Somit hat die Kommission eine doppelte Legitimation: durch die Ernennung durch die nationalen Regierungen und die Kontrolle durch das durch die Unionsbürger gewählte Parlament.  
Der Präsident der Europäischen Kommission wird von den nationalen Regierungen ernannt und bedarf wie die ganze Europäische Kommission der Zustimmung des Parlaments (Art. 214 Abs. 2 Satz 2 EG). Der Präsident vertritt die Kommission im ER. 
2010-2014 ist José Manuel Barroso   Präsident der Kommission. Demnächst übernimmt der portugiesische Premierminister José Manuel Durão Barros dieses Amt.
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José Manuel Barroso
Die Europäische Kommission sieht sich selbst als ,,Motor, Wächter und ehrlicher Makler`` (W. Hallstein, ehemaliger Präsident der EK) der EU. Ihr kommt im institutionellen Gefüge der Union eine Schlüsselstellung zu. Sie hat das alleinige Initiativrecht, sorgt für die Umsetzung rechtlicher Beschlüsse, ist Hüterin der Verträge und Verwalterin des Haushaltes. Sie soll so die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes (Art. 211 EG) gewährleisten. 
  • Sie kann als einziges Organ im gemeinschaftlich geregelten Bereich Gesetzentwürfe vorlegen und ist so der Antrieb, der ,,Motor" für die europäische Integration. In den beiden anderen Bereichen (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Justiz und Inneres) ist die Europäische Kommission mit den Mitgliedsstaaten gleichberechtigt und kann dort ebenfalls Vorschläge für Rechtsakte unterbreiten. 
  • Des weiteren wacht die Europäische Kommission darüber, dass die erlassenen Rechte eingehalten werden und sorgt gegebenenfalls dafür, dass der Europäische Gerichtshof eingeschaltet wird. Sie kann sogar Mitgliedsstaaten verklagen, die z.B. Richtlinien nicht rechtzeitig in nationales Recht umsetzen. 
  • In bestimmten Bereichen hat die Europäische Kommission das Recht, die notwendigen Durchführungsbestimmungen zu erlassen. 
  • Die Europäische Kommission stellt den Haushaltsentwurf der gesamten EU auf und ist - nachdem er von Ministerrat und Europäische Parlament ratifiziert wurde - für seine Ausführung verantwortlich. Sie wacht darüber, dass das Geld wie verabschiedet ausgeben wird. Gleichzeitig verwaltet sie auch noch die Strukturfondsgelder und hat sich der Betrugsbekämpfung verschrieben. 
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Jeder Kommissar hat ein spezielles Aufgabengebiet. Hierbei trägt er die Verantwortung in den entsprechenden Generaldirektionen. Die Kommission spricht in ihren wöchentlichen Sitzungen nur die wichtigsten politischen Themen an und trifft die meisten Entscheidungen auf schriftlichem Weg. Diese Entscheidungen werden von der Europäischen Kommission immer als Kollegium getroffen, das heißt, sie beschließt nur mit Stimmenmehrheit. Von den Mitgliedern wird erwartet, dass sie ,,alle Maßnahmen der Kommission uneingeschränkt mittragen, auch wenn sie das Ergebnis von Mehrheitsentscheidungen sind." Intern sind viele Entscheidungen heftig umkämpft. Als dauerhafte Konfliktlinien haben sich dabei Interessensgegensätze etwa zwischen den Generaldirektionen III (Industrie) und XI (Umwelt) oder den Generaldirektionen I (wirtschaftliche Außenbeziehungen) und VI (Landwirtschaft) etabliert. 
Die Europäische Kommission beschäftigt einen Verwaltungsapparat mit ca. 21.500Bediensteten in insgesamt 38 Fachabteilungen bzw. Generaldirektionen. Der häufig erhobene Vorwurf, die Union entwickele sich zu einer Megabürokratie erscheint insofern fragwürdig, als dass etwa der Stadtstaat Hamburg mehr Beamte beschäftigt als die Kommission. 
Der Vertrag von Nizza, der mit Blick auf die anstehende Osterweiterung ausgehandelt wurde, beinhaltet tiefgreifende Veränderungen für die Europäische Kommission. Er legt eine maximale Anzahl der Kommissare fest und führt ein Rotationsprinzip ein für den Fall, dass es mehr Mitgliedsstaaten als Kommissare gibt. Außerdem stärkt der  Vertrag von Nizza die Stellung des Präsidenten. Er entscheidet über die Ressortverteilung und kann mit Zustimmung des Kollegiums einen Kommissar zum Rücktritt auffordern. Durch die Stärkung des Präsidenten wird die Kohärenz der Entscheidungen bekräftigt.